Da war doch was mit Schmetterlingen…

Da war doch was mit Schmetterlingen…

Es war einmal eine Idee, die der Yarngang im Sommer 2022 zugetragen wurde. Die tollkühne Elke Hahn wollte in Köln eine Kunstausstellung aus Wolle veranstalten und Künstler aus aller Welt sollten ihrem Ruf folgen. Die Yarngang war begeistert von dieser Idee und so war schnell der Entschluss gefasst, Elkes Aufruf zu folgen. Ein Schmetterling sollte es werden, so groß, dass man eine Treppe benötigt, um die Spannweite seiner Flügel auf einem Foto zu verewigen. 19 Mitglieder aus der Yarngang, unter der künstlerischen Leitung von Ina Werner (@scardanelli88), haben sich dieser Herausforderung angenommen und wollte ihr Können bei der ersten „Woolinale“ in Köln zeigen.

Eine gute Planung vermag bekanntlich alles zu sein. Daher wurden Skizzen erstellt, Wollmengen berechnet und Anleitungen geschrieben. Der Schmetterling sollte aus „Granny Squares“ in Regenbogenfarben bestehen. So haben die Teilnehmerinnen insgesamt fast 2.300 Häkelquadrate in 6 Farben hergestellt. In Streifen, nach genauer Anleitung zusammengenäht, verschickten die Teilnehmerinnen dann ihre Häkelquadrate an Ina, die diese dann zum eigentlichen Schmetterling zusammennähte.

Es entstand so dann über viele Abende hinweg ein Schmetterling mit den gigantischen Ausmaßen von 3x4m Größe in kräftigen Regenbogenfarben.

Ina machte sich dann im Namen der Yarngang Ende März auf den Weg nach Köln. Mit der Unterstützung von zwei Messebauer*innen wurde der Schmetterling an einer riesigen Holzkonstruktion befestigt und zierte damit drei Tage den Eingang der Kölner Messe.

Es war gar märchenhaft, die Besucher zu beobachten, wie sie der unausgesprochenen Aufforderung nachkamen, sich auf die Treppe zu stellen und ein Foto von sich machen zu lassen. Aber dieses Märchen wäre nicht realisierbar gewesen, ohne die Sponsorenhilfe von Schachenmayr. Sie haben uns nicht nur mit einer großzügigen Wollspende unterstützt, sondern an jede Teilnehmerin die passende Wollmenge einzeln versandt, was uns eine enorme Unterstützung war.

Und wenn er nicht gestorben ist, dann wird der Schmetterling noch weitere Besucher*innen an einem anderen Ort glücklich machen.

Text: Ina Werner

Der XXL Schmetterling

Hotspot und mehr in Rossinière

Als wir schon wieder auf dem Heimweg waren, erreichte uns eine E-Mail aus Rossinière: Sie müssen dort jetzt Schilder aufstellen, um den Verkehr zu regeln – weil unser Kunstwerk an der Ortsdurchfahrtsstraße alle Blicke auf sich zieht und damit den Verkehr bremst. Das ist doch mal ein schönes Kompliment für ein außergewöhnliches Projekt an einem außergewöhnlichen Ort: Les Artisanales de fil en aiguille, ein Kunst-Festival „mit Nadel und Faden“ in Rossinière, einem kleinen Dorf in den Bergen im französischsprachigen Teil der Schweiz, nahe Montreux.

Einfach mitmachen geht hier nicht: Die Veranstalter haben Elke von @gassemaschen eingeladen, dabei zu sein. Und sie hat mich, @dieoberpfaelzerin, als Partnerin für dieses Projekt an Bord geholt und die Firmen Schachenmayr und Pro Lana/Langendorf und Keller als Garn-Sponsoren gewinnen können.
Im ganzen Dorf wurden 77 Plätze ausgesucht, an denen internationale Textil-Künstler ihre Werke präsentieren – die meisten unter freiem Himmel, einige auch in einem der typischen rustikalen Holzgebäude. Mit dabei sind Künstler aus der ganzen Welt: zum Beispiel aus den USA, Brasilien, Mexiko. Und Elke und ich dürfen Deutschland vertreten.
Mit dabei ist auch die Yarngang, der wir beide angehören – eine in ganz Deutschland verteilte Gruppe von Strick- und Häkelbegeisterten, die zuletzt unter Elke Regie in 18 Städten der Republik Bäume mit bunten Häkelschmetterlingen in „Hotspots against Corona“ verwandelt hatten. Und nun einen Hotspot und mehr in Rossinière. Wir haben diese Schmetterlinge eingesammelt und sie mit nach Rossinière genommen, um sie hier an einem Baum auf dem zentralen Dorfplatz zu vereinen. Schon als wir sie dort aufgehängt haben, waren sie Gesprächsstoff im Ort. Und weil die Bank, die den Baum umgibt, im Dorf ein sehr beliebter Platz zum Verweilen ist, erfreuen unsere Schmetterlinge jetzt alle, die hier zwischen den bunten Faltern Platz nehmen.

Zusätzlich zu den Schmetterlingen, die ja schon fertig waren, haben wir noch ein zweites Projekt ausgeheckt: Innerhalb von drei Monaten entstand „La Suisse typique – typisch Schweiz”: 40 Figuren oder Gegenstände, die uns bei einem Brainstorming spontan zur Schweiz eingefallen sind. Berühmte Persönlichkeiten, aber auch manche Schweizer Eigenheit, die mit einem Augenzwinkern gehäkelt wurde. Und wir haben unser Werk auch „signiert“ – wir haben uns als „Mini-me“ selbst in Wolle portraitiert und dazwischen einen kleinen Hotspot-Baum „gepflanzt“, an dem Mini-Schmetterlinge flattern – so, wie ein paar Mehr entfernt, im Großformat am Dorfplatz.

Natürlich alles ohne Anleitung: Nur Fotografien der Originale dienten als Vorlage – der Rest entsteht durch Fantasie, Kreativität, Probieren und ja, auch durch Auftrennen und nochmal Versuchen. Es ist wirklich erstaunlich, was man mit der Häkelnadel alles machen kann. Eigentlich wie Zeichnen, nur eben mit Nadel und Wolle – und mit unbegrenzten Möglichkeiten!

Elke hat beispielsweise den Skifahrer Beat Feuz in rasanter Abfahrt verewigt, den Schriftsteller Max Frisch in Wolle porträtiert, Albert Einstein vor einem Laptop aus Acrylgarn gesetzt und der Schweizer Kult-Limonade Rivella mit ihrer ikonischen braunen Flasche ein Denkmal gesetzt. Bei mir landeten unter anderem die Toblerone und ein Käsefondue an der Häkelnadel, aber auch Musik-Ikone Tina Turner, die in der Schweiz lebt, oder Eislauf-Star Denise Biellmann mit der berühmten Pirouette, die ihren Namen trägt. Denise Biermann hat sich übrigens bei uns gemeldet – mit einem netten Kommentar auf einen Instagram-Post ihres „Mini-me“: Sie findet die Aktion cool, schreibt sie!

Nicht alle Künstler konnten selbst anreisen, um ihre Werke zu installieren – wir aber waren drei Tage in Rossinière und durften deshalb auch schon die ersten begeisterten Reaktionen selbst miterleben: Wie schön, wenn man Menschen mit etwas Wolle, einer Häkelnadeln und Fantasie ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann!

Dass man dabei auch loslassen muss, gehört dazu beim Yarnbombing. Wir haben ja Bilder von unseren Werken. Und vielleicht kommen wir Mitte September noch einmal zurück nach Rossinière: das Festival endet am 12. September, danach werden die Kunstwerke wieder abgebaut. Bis dahin kann man sie auf einem wunderbaren Spaziergang durchs Dorf genießen. Wer in der Nähe ist, sollte unbedingt einen Besuch einplanen – es sind wirklich bemerkenswerte Werke zu sehen: der in filigraner Spitze gehüllte mächtige Baum neben der Kirche („Arbre“ von Les Bricopines), die fröhlichen Sonnenblumen, die in einem Privatgarten von einer Biene umschwirrt werden („Tournesols“ von den Familien Ansermet und Henchoz) oder ein Meer leuchtend roter Mohnblüten, eingefangen in einem großen Netz, das sich wie ein Schleier vom Kirchturm zu Boden spannt („Coquelicots“ der Group Memory). Ein wirklich außergewöhnliches Kunst-Erlebnis – wir sind stolz, ein Teil davon zu sein.

Hotspot und mehr in Rossinière – Text von Heike @dieoberpfaelzerin

Noch mehr Schmetterlinge fliegen – Hotspot in Amberg

Noch mehr Schmetterlinge fliegen – Hotspot in Amberg

Die Yarngang ist an diesem Sonntag Anfang Januar noch lange nicht fertig damit, knapp 3000 Schmetterlinge in die alte Kastanie am Eugensplatz in Stuttgart zu hängen, da bleiben schon viele Passanten stehen – staunen, fotografieren, fragen nach. Und sind begeistert. In diesem Moment ist klar: So ein Hotsport against Corona muss auch in meiner Heimatstadt. Amberg in Bayern entstehen. Tut er auch. Ein paar Wochen nach meinem Ausflug nach Stuttgart sind 416 Amberger Schmetterlinge bereit, abzuheben: Elke Hahn, die das wunderbare Stuttgarter Projekt initiiert hat, hat ordentlich für mich genadelt, ich hab selbst etliche Knäuel kunterbuntes Acrylgarn verhäkelt, meine Mutter, meine Nichte und eine liebe Freundin hat auch das Häkelfieber gepackt und aus der Yarngang kam Schmetterlingspost von Ulrike aus Esslingen, Denis aus Frankfurt, Annett aus Babenhausen und Hedwig aus Friedrichsdorf.

So funktioniert die Yarngang! Einer hat ein Projekt und viele machen einfach mit. Egal, wo sie sind. Das Internet macht’s möglich. Eine tolle Gruppe!

Toll ist auch etwas, das den Amberger Hotspot ein kleines bisschen besonders macht: Hier haben sich die Schmetterlinge in einem Baum in der historischen Altstadt niedergelassen – und zwar direkt vor dem Luftmuseum. Eine ziemlich einzigartige Einrichtung. Was für ein erstaunlicher Zufall: Das Museum zeigt gerade jetzt drinnen eine Ausstellung eines Schmetterlingssammlers. Nur sehen kann sie keiner, weil Corona dafür sorgt, dass die Besucher draußen bleiben müssen.

Schmetterlinge sehen sie hier jetzt trotzdem. Beim inzwischen achten Hotspot against Corona. Vor dem Amberger Museum, bis es wieder öffnen darf. Seine Geschäftsführerin Johanna Foitzik freut sich über den Blick aus ihrem Büro im ersten Stock, wie sie mir in einer E-Mail verraten hat: “Wie schön die Schmetterlinge im Sonnenlicht am Nachmittag ausschauen und leuchten”, schreibt sie. Ich kann sie lächeln sehen, während ich das lese. So einfach kann man sich selbst und anderen eine Freude bereiten. Mitten im Corona-Lockdown. Das ist einfach wunderbar.

Text und Bilder von Heike Unger